14.3.24
Max Hübner

Als Sachverständiger im Ausschuss für Tourismus: Einsatz von KI in der Reisebranche

Aus meiner Pressemitteilung:

Ich war über die Ernennung durchaus ein wenig überrascht und es freute mich gleichermaßen, mich dieser neuen Herausforderung zu stellen. Man sagte mir, dass einigeMitglieder des Bundestages zuletzt Berichte in der touristischen Fachpresse gelesen hatten und sie so auf mich aufmerksam wurden. Ich habe in meiner Stellungnahme das Bestmöglichste getan, um herauszustellen, dass man im touristischen Vertrieb eben nicht alles in einen Topf werfen darf. Vertrieb und Beratung bei Reisen durch Menschen funktionieren anders als bei Online-Portalen– auch wenn das die OTAs vermutlich nicht zugeben würden. Dementsprechend erfordert die Integration neuer Technologie auch betriebswirtschaftliche Rationalität und Branchen-Strukturkenntnis.  

Zum aktuellen Einsatz von KI im Vertrieb fällt mir auf, dass die gleichen Berater, die damals die VR-Brille im Reisebüro gehypt haben, heute die künstliche Intelligenz als Allheilmittel für die Branche verkaufen wollen. Schon damals hatte ich aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine differenzierte Meinung. Nur weil Technologie neue Möglichkeiten eröffnet, heißt das noch lange nicht, dass es auch immer aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll ist. Wenn ich beispielsweise als Reiseberater damit werbe, dass der Kunde im Büro ab dem ersten Kontakt einen persönlichen Ansprechpartner erhält, ist es nicht sinnvoll, einen Chatbot auf der Homepage zu installieren, der Kundenwünsche erfragt. DerKunde sucht ja schließlich genau die direkte Unterstützung einer professionellen Fachkraft, weil er mithilfe einer Buchungsmaske oder einem automatisierten Frage-Antwort-Prinzip im Internet nicht weiterkommt. Das kennt man auch aus dem Berufsleben: Oft ist es einfacher kurz zu telefonieren, als sich 20 Nachrichten hin und her zu schreiben.

Ich bin der Meinung, dass man neuer Technik immer absolut aufgeschlossen sein sollte, nur ist eine Investition in Form von Zeit und Geld eben eine individuelle Sache und was für das eine Unternehmen ein Nutzen ist, kann für das andere Unternehmen ein Nachteil sein. KI halte ich im persönlichen Reisevertrieb, z.B.bei der Buchung von Bausteinreisen, wertvoll, da die Vakanz-Abfrage erleichtert wird und die Verkäufer weniger Zeit benötigen, um die Reisen zusammenstellen oder die individuelle Zusammenstellung an einem anderen Datum abfragen können. Die Zeit, die hier gewonnen wird, kann wiederum direkt in den Service fließen. Reiseberater können sich somit weiter spezialisieren, die einzelnen Beratungen rentabler gestalten und das Kundenerlebnis verbessern – das schafft Vertrauen und Vertrauen ist ein unschlagbares emotionales Verkaufsargument.

Veröffentlichungen in der touristischen Fachpresse:

➡️ FVW / TRAVELTALK

➡️ Countervor9

Noch ein paar persönliche Worte:

Die Anhörung sollte sich hauptsächlich mit der #Fachkräftesicherung in der #Touristik auseinandersetzen. Erster wichtiger Schritt: Jemanden um eine Einschätzung bitten, der auch im Bildungsbereich arbeitet - soweit, so gut. Zweiter wichtiger Schritt: Sich mit entscheidenden Details auseinandersetzen und Umsetzungsmöglichkeiten aufzeigen. In der Politik ist es häufig wie in der freien Wirtschaft. Führungskräfte sind durch ihre tägliche Aufgaben so belastet, dass keine Zeit mehr bleibt, sich mit neuen strategischen Ansätzen zu beschäftigen. Dabei erfordert die Lösung von schwierigen Herausforderungen genau das und wir dürfen als Gesellschaft nicht der Illusion verfallen, dass es jemals in Politik, Wirtschaft oder Recht einfache Antworten geben wird. Die Welt ist dafür insgesamt zu komplex geworden. Meine Stellungnahme ist deshalb auch sehr umfangreich ausgefallen. 1-2 Seiten hätten vielleicht auch gereicht. Allerdings ist das nicht mein Stil, denn wer entscheidende Punkte in seiner Strategie ausspart, nimmt eine schlechte Umsetzung in Kauf. Am Ende werden diejenigen profitieren, die sich dem Thema wirklich ausgiebig nähern. In diesem Sinne hoffe ich, dass ich ein paar spannende Ansätze liefern kann und ich bin gespannt, in welcher Art und Weise ich meine Synthesen in der Branche wiederfinden werde.

Die komplette Stellungnahme kann hier eingesehen werden.