29.4.24
Max Hübner

WORKATION - eine zusätzliche Chance für das klassische Reisepaket

Ist es ratsam während der Urlaubszeit zu arbeiten? Nein. Kann man Arbeitszeit dafür nutzen, um nebenbei etwas Urlaub zu machen? Solange es der Beruf zulässt - ja.  

Was für den einen oder anderen im ersten Moment etwas provokant klingen mag, wird aus meiner Sicht, im Zuge der gesellschaftlichen Entwicklung, bald zur Normalität werden. Der Hintergrund:

Mobiles und flexibles Arbeiten wird in zahlreichen Betrieben immer mehr zum Standard.

Nach meinem kleinen Selbstversuch auf Fuerteventura, möchte ich ein paar Chancen und Aspekte für die Touristik zusammenfassen:

➡️ Wo liegt der Bedarf?

Wer heutzutage in bestimmten Berufsfeldern erfolgreich ist, hat sich ohnehin bereits von der 8-Stunden-Büro-Regel verabschiedet. Eine mobile und gleichzeitig effiziente Arbeitsstruktur, halte ich für ausschlaggebend. Cloudsysteme spielen dabei eine zentrale Rolle, indem sie Dateienmanagement ermöglichen, das jederzeit und überall verfügbar ist. Eine stabile Internetverbindung ist daher oft unerlässlich, um diese Mobilität zu gewährleisten.

Ist die Arbeitsleistung einmal sichergestellt, macht ein gutes Hotel den Lebensalltag ebenfalls effizient, weil Dinge des täglichen Bedarfs schneller beschafft werden können. Dazu zähle ich u.a. Fitness, Essen, Sozialer Kontakt und Entspannung.

Reiseveranstalter sollten für ein Workation-Angebot demnach Leistungsträger auswählen, die eine angenehme und vor allem besondere Arbeitsatmosphäre ermöglichen und über hochwertige touristische Ressourcen verfügen. Das kann je nach individuellem Bedarf eine direkte Strandlage, eine erstklassige Gastronomie, ein gut ausgestattetes Fitness-Studio oder eine ruhige Atmosphäre ohne laute Animation umfassen.

Zudem ist es wichtig, dass Veranstalter eine zuverlässige Organisation für die An- und Abreise sicherstellen. Nicht jede Destination ist gleichermaßen für Workation geeignet, da Faktoren wie Zeitverschiebung, Stabilität der Internetverbindung, Reiseaufwand und Arbeitsbedingungen während des Transports eine Rolle spielen.

So wären viele Hotels auf den Malediven sicher gut für Workation geeignet. Mir persönlich ist jedoch der Zeitunterschied zu groß, die Anreise dauert zu lange und das Preis- / Leistungsverhältnis in Bezug auf Workation ist nicht optimal. Da touristischer Bedarf jedoch bekanntlich rein subjektiv ist, sollten Veranstalter potenzielle Kunden während der Inspirationsphase „unterstützen“ und den individuellen Bedarf professionell durch eine touristische Fachkraft ermitteln lassen.

➡️ Wie kann Workation in Form von Reisepaketen standardisiert werden?

Wie immer in der Betriebswirtschaft heißt es: Zielgruppe analysieren und Angebote optimieren. Nach meinem Selbstversuch auf Fuerteventura im TUI Blue RIU Calypso, würde ich z.B. keinen Sammeltransfer zur Unterkunft wählen. Außerdem würde ich dort ein Zimmer im Erdgeschoss ausschließen. Für mich war es von großer Bedeutung, vormittags auf einem ruhigen und sonnigen Balkon zu arbeiten, denn jeder Blick auf die Landschaft oder das Meer wirkte sofort inspirierend auf mich.


Ein Reiseveranstalter muss seine Hotels nicht zwangsläufig explizit auf Workation ausrichten, sondern sollte vielmehr eine sorgfältige Auswahl treffen und diese Auswahl gegenüber Kunden und Handelspartnern wie Reisebüros und Online-Portalen entsprechend begründen.


Diese Begründung ist für mich die angestrebte Standardisierung und erzeugt ein qualitatives Image für die Veranstaltermarke. Es führt dazu, dass ich als Kunde erneut auf ein Angebot zurückgreife, weil ich dem Unternehmen mein Vertrauen schenke und so das Gefühl bekomme; „Sie wissen besser als ich, was ich brauche“. Ebenfalls muss das Destinations-Management auf die Absicht auf Workation entsprechender Zielgruppen eingestellt sein. Die TUI-Reiseleiter konnten in meinem Fall nichts von meinem Workation-Plan wissen, weil es durch die Online-Buchung nicht ersichtlich war.
https://www.tui.com/workation/

Bei der Abfrage der Leistung wird man direkt auf die Hauptbuchungsseite weitergeleitet, wodurch die Informationen zur Workation verloren gegangen sind.

➡️ Welcher Vertriebskanal ist geeignet?

Für die persönliche bzw. hybride Reiseberatung ist es eine sehr gute Chance der Spezialisierung. Ich würde jederzeit dem Rat einer Fachkraft vertrauen, die bereits Reisen zu entsprechenden Hotels unternommen hat und einschätzen kann, ob meine Vorstellungen mit den Angeboten übereinstimmen. Reiseveranstalter sollten den Verkauf bei bestimmten Zielgruppen fördern, indem sie Reiseexperten im Hinblick auf Workation weiterbilden und ihnen ermöglichen, den Arbeitsalltag im Hotel nachzuvollziehen.

➡️ Was sind die Vorteile?

Ich sehe Workation als einen Beitrag zur langfristigen Verbesserung der Arbeitsproduktivität. In meinem Fall konnte ich während der Reise ungefähr drei bis vier Stunden pro Tag arbeiten. Der Rest meiner Zeit bestand hauptsächlich aus Workouts und Chillen am Strand. Natürlich arbeite ich zu Hause länger und habe mehr Termine. Dennoch fühle ich mich nach dieser Woche genauso erholt wie nach einem reinen Badeurlaub.
Im Gegensatz zum normalen Urlaub, musste ich mir hierfür nicht explizit frei nehmen. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber profitieren davon. In der Tourismusbranche sollte dieser Vorteil nicht nur vermarktet, sondern es sollten auch mehr Kooperationen mit Unternehmen eingegangen werden, ähnlich wie im Bereich Business Travel. In naher Zukunft könnte Workation vielleicht auch Teil von Tarif-Verträgen sein. Eine gesetzliche Kooperation mit touristischen Unternehmen, wäre dann durchaus realistisch.
Bei den genannten Vorteilen muss selbstverständlich zwischen Workation und „reinem“ Urlaub unterschieden werden. Urlaub darf durch die Workation-Möglichkeit nicht missbraucht werden, z.B. wenn es um die Erreichbarkeit des Arbeitnehmers geht.  

➡️ Welche zusätzlichen Fragen ergeben sich bald?


Besonders interessant wird es, wenn es um die Betrachtung von Arbeitszeit geht. Verlangen Betriebe, dass der Arbeitnehmer einen halben Tag Urlaub nimmt? Kann man als Betrieb davon ausgehen, dass die Produktivität eines Arbeitnehmers bei Workation zwar abnimmt, aber nach so einer Reise um so höher ist? Spannend ist außerdem, ob Unternehmen kommerzielle Angebote als betriebliche Ausgabe geltend machen können. Solange Einzelpersonen diese Workation-Optionen für sich nutzen und nachweislich einen Teil ihres Hotelaufenthalts für die Arbeit verwenden, halte ich das durchaus für realistisch. Das betont die Notwendigkeit für Reiseveranstalter und Reisebüros, sich jetzt verstärkt mit diesem Thema zu beschäftigen.